Wie ich zum Gynäkologen wurde

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Wenn man Möbel über ebay verkauft, die aufgrund Ihrer Größe vom Käufer abgeholt werden müssen, kann man etwas über die Menschen lernen. Und manchmal auch über sich selbst.

Schon beim telefonischen Erstgespräch zur Abstimmung eines geeigneten Abholtermins des erworbenen Möbels war ich etwas irritiert über die mitteilsame Zutraulichkeit von Hajo, der frei von der Leber über seine Frau und innere Beziehungsangelegenheiten plauderte. So erfuhr ich ohne Not und Verlangen, dass sie in getrennten Schlafzimmern nächtigten, weil er nun mal sehr laut schnarche und seine Frau zum Eindösen endlose Hörbuchgeschichten benötige, was ihn wiederum furchtbar nerve. Und dass seine Frau Ü-Eier-Figuren sammele. Und dass die Jugend ja heutzutage kaum noch etwas Gebrauchtes kaufe. Und ob ich nicht noch etwas anderes zu veräußern hätte, wenigstens aber ein paar Ü-Eier-Figuren!? Und dass Sie im Frühjahr umziehen wollen. Und noch vieles vieles mehr.

Nach 40 Minuten geselligen Transfers von Detailinformationen zuckt mein Finger doch zunehmend nervös zur roten Auflegetaste. Ehe Hajo noch neue mitteilenswerte Details einfallen, bedanke ich mich artig für das "angenehme Gespräch" und bestätige noch einmal den vereinbarten Abholtermin.

Als beide am Abholtag schließlich mit über einer Stunde Verspätung hier eintreffen, beginnt die Übergabe nicht weniger jovial und ohne Eile. Hajo, etwa Mitte/Ende 40, sympathisch, aber etwas unbedarft, ungefähr wie jemand, der mit 14 beschlossen hat, nicht mehr erwachsener zu werden, stapft also durch Diele und Wohnraum, dabei seine Ü-Eier-verrückte Frau in einer plüschbunten Daunenjacke hinter sich herziehend, bleibt mal hier, mal dort stehen, und fragt, ob dieses oder jenes zufällig zu verkaufen sei. Lächelnd schüttele ich ca. 30-50 Mal den Kopf.

"Schön haben Sie's hier!", sagt Hajo, und sieht mich eindringlich an. "Sind Sie Arzt? Vielleicht Zahnarzt?", fragt Hajo spitzbübisch und legt seinen Kopf auf die Seite. "Nein", antworte ich Hajo, "ganz bestimmt nicht". Hajo überlegt neu, aber seine Frau kommt ihm zuvor: "Aber Gynäkologe vielleicht? Sie strahlen so eine Ruhe auf mich aus.".

Puh. Ich versuche in Millisekunden, die Kausalkette der Ü-Eier-Dame nachzuvollziehen, aber komme einfach nicht auf den Grund, warum innere Ruhe für einen Gynäkologen spricht und nicht genauso für einen Proktologen, Uhrmacher oder Gerichtsboten. Bevor die Synapsen durchbrennen, erlöse ich die beiden: "Nein, nein, ich helfe Unternehmen bei der Lösung ihrer IT-Probleme.".

Hm, das scheint beide nicht besonders zu befriedigen. Hajos Frau schaut enttäuscht. Womöglich ist sie auf der Suche nach einem neuen Gynäkologen und hätte gerne einen Probetermin vereinbart, wenn es denn schon nicht mit den Ü-Eier-Figuren klappt.

"Kommen Sie, ich helfe Ihnen beim Einladen!", nutze ich die Stille und versuche, wieder elegant auf das ursprüngliche Ziel einzuschwenken. Abends schaue ich prüfend in den Spiegel und versuche zu ergründen, was mich zu einem Gynäkologen macht. Ich komme nicht darauf, aber irgendwie gibt es mir eine innere Ruhe, zu wissen, dass ich den Job auch machen könnte.

Ach, was. Da überschätzen Sie sich bzw. den Berufsstand. Zumindest strahlte mein Ex-Gynäkologe alles andere als Ruhe aus, sondern wirkte immer zutiefst verunsichert, wenn ich bei ihm auftauchte. Fachlich war er allerdings trotzdem O.K. Und ja, er versuchte auch auf meine Wünsche einzugehen. Nachdem er allerdings zu einer Gemeinschaftspraxis wechselte, wollte er mich zu einen Kollegen abschieben. Tja, das war mir dann innerlich zu unruhig.
Verstehe ich "Ex-Gynäkologe" dahingehend richtig, dass der Arme jetzt in Ihrer Hexenküche über mehrere Einmachgläser verteilt sein Dasein fristet?
Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.
Die Verbindung zwischen dem Wunsch der Frau, einen Gynäkologen vor sich zu haben, und dem Hang des Mannes zu Überraschungseiern ist irgendwielustig.
Hast Du mal gefragt, ob die Beiden Kinder haben? ;-)
Liebe Grüße!
Könnte wirklich sein, dass der psychologische Ansatz hier weiterhilft! Seine Marshmallow-Frau (sie erinnerte mich in ihrer Daunenjacke ein wenig an Stay Puft, den Marshmallow Man aus Ghost Busters) war sicher 10 Jahre älter als Hajo, und es könnte tatsächlich sein, dass hier ein unerfüllter Kinderwunsch mitschwang oder ein bereits jahrelang andauernder Versuch, eines zu bekommen (ich bin ziemlich sicher, dass sie keines hatten). Andererseits hatte sie ganz klar die Hosen an und behandelte ihren Mann (vor uns) mehrmals nicht gerade sehr nett. Hajo war ein netter, unkomplizierter Mensch mit einer gewissen kindlichen Grundnaivität, aber sie war ne ziemliche Bitch: vieles erinnerte eher an ein Mutter-Sohn-Verhältnis als an eine klassische Beziehung zwischen Mann und Frau.
Ich hätte Sie ja eher in den Bereich Schönheitschirurgie verortet: Sie saufen sich die Patientinnen schön.

Apropos: ein Prosit auf Ihr neues Lebensjahr! Auf dass Sie noch viele Überraschungseier finden.

Schönsaufen ist am Geburtstag völlig unnötig, da sich alle Frauen (sogar die auf vier Beinen) proaktiv zu meiner Erbauung aufhübschen. Lieben Dank für die Glückwünsche, J.!

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Ich habe das was zum Blasen für Sie, Herr Neon. Monsterglückwünsche!!!!!

Tja, offensichtlich ist mir das Blasen untersagt, Frau Araxe, zumindest bekomme ich einen 403-Forbidden-Fehler bei Ihrem Link. Da müssen Sie wohl selbst Hand anlegen, was ich ja auch durchaus sehr begrüße.

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Besser? *g*
Und ich dachte mal wieder, dass mir die Chinesen hier vorsätzlich (oder vielleicht auch zum Schutz?) Frau Araxes Bildmaterial unterschlagen. Man weiß da ja nie, welch operative Missgeschicke nun wieder abgebildet sind.
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