Satanische Kaffeevollautomaten

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Falls Sie zu den Menschen gehören, die einen Kaffee genießen wollen ohne vorher stundenlang mit einer Maschine argumentieren zu müssen, dann kaufen Sie sich nie, nie, niemals einen Kaffeevollautomaten. Bitte, glauben Sie mir: ein Kaffeevollautomat ist das personifizierte Böse und steht mit dem Teufel im Bunde — übrigens ganz so wie Backvollautomaten, Miele-Bratenthermometer, Tetrapack-Sojamilchverschlussnippel und Holundermarmelade.

Mein Vollautomat ist besonders bösartig. Denken Sie an Ihre schlimmsten Erlebnisse und Frustrationen, multiplizieren Sie sie mit 100 und Sie sind noch lange nicht in der Nähe dessen, was ich mir täglich von meiner Jura gefallen lassen muss.

Wenn sie einen guten Tag hat, verlangt sie vor dem ersten Kaffeebezug nur, dass ich ihren Trester leere. Leider hat sie selten einen guten Tag. Kaffeevollautomaten sind übrigens kein Freund vieler Worte. Da gibt's kein "Bitte", "Danke", "Könntest du evtl. gleich mal...". Juras reden in 2-Wort-Imperativen wie z.B. "Trester leeren!" oder "Filter wechseln!". Meistens, so glaube ich, leuchtet nach dem knackigen Befehl noch kurz ein "aber pronto" im Display auf.

Manchmal, wenn sie schlecht geschlafen oder "bad coffee day" hat, spielt sie mit mir ein nervenzerfetzendes, psychologisches Spiel im Grenzbereich menschlichen Erduldens. Sie weiß ganz genau, wo sie mich packen kann. Ich ahne es schon, wenn sie beim Start viel länger braucht, ächzt, röhrt, sich durchschüttelt und Lockerungsübungen macht, als wenn sie sich gemächlich ihre perfide Strategie zurechtlegt, mit der sie mich diesmal an den Rand des Wahnsinns bringen will.

Erst letztens wäre ich beinahe so weit gewesen. Nach "Wartung drücken!", "Schale fehlt!" und "System füllen!" schob sie ein "Filter wechseln!" und "Gerät reinigen!" nach. Ich wusste, in den nächsten 2-3 Stunden bekomme ich von ihr keinen heißen Kaffee zu sehen. In einer Mischung aus Verwegenheit und Verzweiflung drückte ich frech auf "Großer Kaffee", aber sie entgegnete sofort ein unverschämtes "Gerät verkalkt!" und schwieg. Ich zog meinen letzten Joker und flüsterte leise aber bestimmt in ihre Auto-Cappuccino-Düse "Ich tausch dich aus gegen eine Nespresso-Kapselmaschine, du Luder!".

Es wurde still. Sehr still. Sie überlegte. Lange. Dann tat sich etwas. Sie meldete kurz ein "Bohnen füllen!" ins Display, dann "Gerät heizt auf" und entließ kooperativ einen Espresso aus dem Kaffeeauslauf. Leider hatte ich meine Tasse noch nicht auf das Tropfgitter geschoben, aber man kann nicht alles haben. Jetzt weiß ich wenigstens, wie ich den kleinen Teufel in die Schranken weisen kann.

Hihi. Aber! auf Ihre Drohung wird sich der Kaffeevollautomat nicht lange einlassen, so lange Sie ihm mit Ersatz durch eine Kapselmaschine drohen. Viel eher wird die Maschine auf eine italienische Entsprechung reagieren, zum Beispiel eine Gaggia Classic. Die hat übrigens nicht mal ein Display!
Die Jura kommt ja aus der Schweiz und ist demgemäß — wie alle Schweizerinnen — eher zurückhaltend und etwas unterkühlt (merkt man auch am Kaffee). Insofern haben Sie völlig Recht, dass sie sich wohl weniger über eine Schweizer Nespresso-Konkurrenz erregt, sondern nur bei einer rassigen, italienischen Gaggia Classic so richtig fuchsteufelswild wird und Gift und Galle einen Kaffee nach dem anderen ausspuckt. Guter Tipp!
Schicken Sie einfach die Jura wieder zurück in die Schweiz unter ihresgleichen. Da die Schweizer ja sowieso keine Ausländer mehr mögen, können Sie den Spieß ja auch umdrehen.

Und dann sehen Sie sich nach einer knackigen Italienerin um, die haben den Kaffee doch schon traditionsgemäß im Blut.

(Oh, Blut, gleich ist Frau Araxe da.)
Können Sie sie nicht gebrauchen, Herr Pathologe? Ich schicke sie Ihnen gerne nach S-A. Sie versteht sich bestimmt prima mit Ihrem antriebslosen Waschhalbautomat und lässt Sie problemlos im Trockenen sitzen. Wenigstens etwas bei Ihren dauernassen Klamotten.

Frau Araxe ist blutlos glücklich und hat das Killen von Untermietern eingestellt. Ich glaube, es war die Angst vor der drohenden Verbannung!
115 V, amerikanischer Stecker? (Sie glauben gar nicht, was hier für Standards nicht vorhanden sind)

Ich bin ja inzwischen glücklicher Besitzer eines ausgetauschten gebrauchten Waschhalbautomates mit funktionierendem Trockner. Allerdings musste ich dem "head wobbler" eindrücklich erklären, dass ich bitte zum Austauschgerät auch wieder einen Wasserzulaufschlauch bekomme, da ansonsten der ordnungsgemäße Betrieb nicht möglich wäre. Es wurde mit Unverständnis und anschließender Zeichensprache zur Kenntnis genommen und ausgeführt.
Tja, mein knackiger vollblutautomatischer Italiener zickt nicht so rum. Klar, was zu futtern und trinken braucht er auch, aber das geht fix. Seine Hinterlassenschaften müssen natürlich auch ab und zu entleert werden. Ansonsten gibt’s da allerdings nix groß zu warten. Entkalken? Ja, mach mal, wenn du Lust hast, aber nur keinen Stress.

Pfff, ich habe nie behauptet, dass ich blutlos glücklich bin. Blut gehört zum Glück selbstverständlich dazu.
Schweizer Maschinen sind da schon radikaler. Allein beim Reinigungsvorgang mit spezieller Entkalkungstablette muss ich 3x den Wasserauffangbehälter leeren. Wenn ich das nicht schnell genug mache, piept sie ohrenbetäubend und im Display steht "Schale leeren, Kaffeesklave!".

Jetzt muss ich sie auch noch demnächst zerlegen und einige Dichtungen ersetzen, weil sie leckt. Ich überlege, ob ich sie — unverdächtig flötend — auseinanderbaue und dann sofort in einer glühendheißen Stahlschmelze terminiere.

Bestimmt flackert dann im Display "I'll be back, hasta la vista, baby!".

@araxe - Und darum muss man jeden morgen den Restebehälter leeren, das Wasser nachfüllen oderKaffee in das Vorratsfach nachfüllen...

Ach, Sie machen das immer jeden Morgen für mich bevor ich aufstehe?
nömix (Gast):mail@noehrig.at
Seien Sie auf der Hut, es soll schon vorgekommen sein dass Kaffeeautomaten handgreiflich werden.
Mein Dank für die Vorwarnung, Herr Nömix! Ich gehe fest davon aus, dass meine niederträchtige Maschine anstatt eines Boxhandschuhs sogar üble Schlagringe besitzt.
Bis vor kurzem war ich ein überzeugter Anhänger des Handaufgusses. Wenn ich irgendwo zu Besuch war, wo sündteure, lärmende Kaffeemaschinen den Aufguss besorgten, fand ich immer: Der Kaffee schmeckt nicht. Hab aber nix gesagt, denn die Besitzer der Maschinen schmeckten offenbar etwas anderes als ich, und wer nimmt den Menschen schon gerne eine Illusion. Ihr Befund, dass Kaffeemaschinen satanisch sind, erklärt auch die heimtückische Gewalt der Maschinen über das Geschmacksempfinden. Letztens bekam ich eine Senseo-Maschine gerschenkt. Mit ihr ist es wie betreutes Kaffeekochen. Schmecken tut der Kaffee auch nicht. Aus Bequemlichkeit und mit Rücksicht auf die Schenker mag ich es nicht laut sagen oder eingestehen.

Nebenbei: Tolles Layout und komfortabler Kommentareditor. Glückwunsch!
Ich danke für Ihre positive Anmerkung zum Layout und Editor. Dieser ist übrigens eine Weiterentwicklung und Twoday-Adaption des freien MarkItUp-Editors. Ich werde diesen in einem kommenden Beitrag auch allgemein für Twoday-Nutzer verfügbar machen (Sie sind ja auf Wordpress eh bestens mit einem stetigen Strom guter Komponenten versorgt).

Zum Kaffee: Der kleine Neon unterhält in seiner Studentenbude eine kleine Nespresso-Maschine, die er vorzugsweise mit Indriya-Kapseln (sehr intensiv, Herzstillstand nach 4-5 Tassen garantiert) füttert. Diese macht subjektiv erstaunlich guten Kaffee (meine Jura verliert dagegen deutlich).

Natürlich geht nichts über einen in einer Karlsbader Kanne gebrühten und mit einer Zassenhauser Handmühle frisch gemahlenen Kaffee — der Grund, dies nicht zu tun, ist bei den meisten Kaffeetrinkern wohl reiner Zeitmangel oder Bequemlichkeit. Maschinen servieren halt schnell und auf Knopfdruck (außer meine, die ja des Satans ist). Der eilige Kaffeetrinker macht also Kompromisse; nicht nur beim Geschmack, sondern auch beim Preis, der von 4-10 Cent für eine Tasse Selbstgebrühten über etwa 20 Cent für Pads bis zu 39 Cent für eine Kapsel Nespresso ansteigt.

Vom Müllproblem ganz zu schweigen: wo beim Selbstbrüher nur guter Dünger und eine organische Melitta-Filtertüre verbleiben, produziert alleine Deutschland jährlich 2 Milliarden Abfallkapseln (=4000 Tonnen Müll). Wenigstens da siegt die Jura — da brauch ich nur den Trester in den Gartenbambus entleeren.
So was wie einen "Trester"-Wechsel verlangt unser Liebling glücklicherweise nicht. Er ist übrigens von der Reparatur zurück und wieder brav.
Das freut bestimmt auch den Partner, dass Sie jetzt wieder mental ausgeglichener sind und die Haustransformation entspannter angehen. ;)
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