Von meinen Freunden wurde ich heftigst angegriffen, als ich bei einem Gespräch über das Prozedere der eigenen Bestattung erklärte, dass wir innerfamiliär (ohne Partner) einen guten Konzens gefunden haben. Ich brauche für die Vision einen vertrauten, humorvollen Umgang, der mir die schwerlastige Gewissheit von Trauer und Sicherheit vereinbart. Tränen sollen sein, müssen - ich denke dabei oft an ein Referat eines Kollegen, der Stuttgarter Prinz eines afrikanischen Landes wurde, da seine Eltern dort wohlgesehene, humanitäre Hilfe leisteten und sich damit einen Häuptlingsstatus erworben. Als seine Mutter in Deutschland starb, wurde sie traditionell deutsch beigesetzt, aber sie erhielt in Afrika danach eine ausgiebige Feier, die der gemeinsamen Trauer viel eher entsprach.
Damit will ich nicht sagen, dass ich vor meinem Tod ein Prinzessinnendasein in einem 'guten Trauerland' anstrebe, vielmehr, dass Trauer als etwas zum Leben Gehörendes angenommen wird, und möglichst viel Zelebrieren beinhalten sollte. Wir hier sind unbeholfen, bzw. traditionell reglementiert, denn der Rückzug dabei ist fundamental festgelegt.
Ich mache mir schon lange Gedanken über ein 'spektakuläres' Verabschieden meinerselbst, um den paar Menschen, die auch ein noch so schlechtes Wetter vom Beiwohnen nicht abhalten würde, die Trauer zu erleichtern. Dazu gehört auf jeden Fall eine Einäscherung, aber auch konkrete Vorstellungen von mir, die niemand Liebenden in der Situation alleine lässt!
Es ist gut und richtig, sich intensive Gedanken über dieses letzte Prozedere zu machen, das die eigene Körperlichkeit verabschiedet. Wie kann man sich zeitlebens in aller Bestimmtheit disponieren und gleichzeitig die Entscheidungen über das große Finale denen aufbürden und abverlangen, die sich doch lieber auf ihre Trauer einlassen wollen?

Jedoch, für viele Menschen ist die Terminierung der eigenen Existenz eine undenkbare, unleistbare Vorstellung. Ich empfinde diese egoistische Scheu heute als zutiefst nachlässig, ignorant und respektlos gegenüber denen, die die Vielzahl erforderlicher Entscheidungen später in einem schmerzlichen Prozess des Rätselns und Abwägens zermürben und verstören muss.

Ja, Tränen gehören dazu, und das Zelebrieren gibt Halt und Rahmen für den Abschied. Lange diskutierten meine Schwester, meine Mutter und ich über die Sinnhaftigkeit einer Restauranteinladung nach der Beisetzung. Als der kleine Neon uns schließlich nach dem Leichenschmaus nach Hause fuhr, war er äußerst aufgebracht und sehr erbost über manche Trauergäste, die schon während der Suppe wieder lachten. Ich versuchte, ihm diese uralte Sitte zu erklären, wie sie den Angehörigen und der eigenen Trauer helfen kann, dass es hilfreich sei, sich gemeinsam an schöne Erlebnisse zu erinnern, und dass es nichts Schlimmes ist, im Gedenken an einen Toten zu lächeln und zu lachen. Noch hat er es nicht verstanden, aber ich hoffe, er wird einst über die namenlose Wiese tanzen können, über die meine Asche verstreut werden wird.

P.S. "Spektakuläres" finde ich allemal gut! Als Perfektionist spricht alles für ein morbides Brainstorming!
Bei der Trauerfeier meiner Mutter, mit der ich zwar eine tief freundschaftliche Verbundenheit teilte, die aber diesseits nicht lebbar war, empfand ich mehr Angewidertsein über den Ausdruck der Trauernden als dass mich ihr Mitgefühl tragen konnte. Im Gegensatz zum Kleinen Neon hätte ich mir mehr Suppenlachen gewünscht, denn sie war erlöst worden, das wussten alle. Zu dieser Art von tragischem Ausdruck der Trauer bestand also keinerlei Grund, aber es 'gehörte' sich eben so. Ich musste mehrmals mit Brechreiz die Gesellschaft verlassen.
Ihr Weg des Umgangs mit dem Tod gefällt mir!

Gruß, Rinpotsche
Trauerfeiern und Beisetzungen sind einfach ein sehr schwieriges Metier. Alles Erdenkliche kann man im Leben üben: wie man sich eine Krawatte bindet, wie man am besten küsst, oder wann eine Basilikum-Pesto umwerfend schmeckt. Trauerfeiern und Beisetzungen bieten wenig Raum zum Üben. Die Sterbefrequenz im Bekannten- und Verwandtenkreis ist einfach zu gering, um einen nachhaltigen Übungseffekt zu erzielen.

Daher versuche ich nachsichtig zu sein mit den Menschen, die eigentlich ihre Trauer und ihr Mitgefühl zeigen wollen, aber es nie wirklich gelernt haben, diesen schmalen Grat zwischen tröstender Anteilnahme und peinlicher, dramaturgisch-übersteigerter Tragik kunstvoll, glaubwürdig und ohne Gesichtsverlust zu begehen.

Hinzu kommt diese starke Reglementierung, das steife, einengende Gerüst für Handlungsoptionen: eine Schüppe Sand oder lieber eine einzelne Blume, wie kondoliert man am Grab, und vor allem wem? Es gibt viel Unsicherheit und wenig Erfahrung in solchen Dingen, Sterben/Tod ist eines der letzten Tabus und damit auch nicht Teil einer erhellenden Erziehung, weder privat noch in der Schule. Am Ende des Tages ist das immer die beste Grundlage für mögliche "epic fails", über die man in dem Moment nicht mal lachen oder sich aufregen darf.

Sterben und Tod ist 'Learning by Doing', und mit jedem bitteren Lernereignis reift auch die eigene Begrifflichkeit und Vorstellung darüber. Vielleicht sollte man sich den Besuch von Beisetzungen zum Hobby machen, so wie Maude aus Harold & Maude; nach der 40.sten Beerdigung sieht man Vieles sicher entspannter.
Mit der Maude mögen Sie recht haben, mein Vater ist so eine, und ich nenn' ihn schon seit einer Weile einen Beerdigungstouristen. Er selbst meint dazu, dass ihn die Seite mit den Todesanzeigen am meisten aufhält. Scheint ihn irgendwie jung zu halten. Und bis vor einem Jahr konnte ich nur auf Beerdigungen weinen: neben der Trauer über den Verlust boten sie mir die Begegnung mit mir selbst.
Ich glaube, ich mag Beerdigungstouristen. Und Begegnungen mit sich selbst. Ich konnte an dem Tag erst weinen, als meine kanadische Cousine (welche auch meine erste Jugendliebe ist) den Friedhofsplatz betrat. Sie war extra den weiten Weg aus Ontario gekommen, um meinem Vater die letzte Ehre zu erweisen und uns zu umarmen.

Dieses Commitment, ihr Einfühlungsvermögen und ihre Wärme... das war ein sehr emotionaler Moment und ich wusste sofort wieder, warum ich mich mit 15 in sie verliebt hatte.
Einmal, und darauf machen Sie mich erst jetzt aufmerksam, war ich in der Position des Tränenbefreiers. Das Wellenrauschen ist immernoch zu hören!

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