Dienstag, 12. November 2013

Uschis Schwester

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Gestern im Fitti traf ich Uschis Schwester. Sie wissen schon, die Uschi, die seinerzeit einen beträchtlichen Teil ihrer IQ-Punkte gegen die Abmilderung gefühlter körperlicher Unzulänglichkeiten tauschte und seitdem auf Kriegsfuß mit Fitnessgeräten steht.

Nicht, dass ich vollkommen sicher wäre, dass — nennen wir sie "Kim" — wirklich mit Uschi verwandt wäre, jedoch, um es mit Konrad Lorenz zu sagen: es gibt da deutliche Parallelitäten in Anatomie und Verhaltensweisen. Auch ist Kim nicht blond wie Uschi, tritt aber jederzeit sehr überzeugend den Nachweis an, dass auch kurzgeschnittene Schwarzhaarige intellektuell zu immens weniger imstande sind, als man es ihnen gemeinhin zutrauen würde.

Mein erster Blick fällt auf Kim, etwa Mitte Zwanzig, als sie an das Lower Back Trainingsgerät tritt und sichtbar angestrengt beginnt, mögliche Strategien für die Verstellung des Rückenpolsters zu entwickeln, damit es auf ihren Schulterblättern zu liegen käme.

Nun muss man wissen, dass jene Geräte über unübersehbar-grellgefärbte Yellow Pins verfügen, die man zweckmäßig ein Stück herauszieht, die individuelle Verstellung vornimmt und sie wieder einrasten lässt. Zu einfach für Kim. Kim fängt an zu drehen, mal rechts herum, mal gegen den Uhrzeigersinn, was jedoch wenig Sinn macht, da die gelben Hebel in Ermangelung eines Gewindes endlos mitdrehen.

Nach etwa 40 Sekunden erfolglosen Hin- und Herdrehens kommt Kim zu dem Schluss, dass das Gerät defekt sei und geht schnurstracks zum angrenzenden Partnergerät, um dort ihr Glück zu suchen - natürlich durch erneutes Schraubdrehen des Yellow Pins. Nun muss man außerdem wissen, dass für ganz Merkbefreite ein klar verständliches Pull auf den Plastikhebel graviert ist. "Pull!" — nicht etwa "Twist" oder "Screw" oder "Handle me in the most bizarre way that comes to your mind!".

Nicht umsonst schreibt der Hersteller auf seiner Webseite "Die Hebel, Tasten und Steckstifte sind gelb und sehr gut erkennbar, daher kann auch ein Benutzer mit weniger Erfahrung die Einstellungen problemlos, ohne Unterstützung durch den Trainer, finden und durchführen.". Hm, die hatten wohl seinerzeit keine Kim für ihren Enduser-Gerätecheck im Testlabor.

Als ich beobachte, dass Kims Blick zum dritten Lower Back Übungsgerät schweift, weil das aktuelle offensichtlich auch defekt sein muss, erbarme ich mich und spreche sie an: "Hallo, darf ich dir mit dem Hebel helfen? Du musst einfach ziehen, siehst du?".

Kims Augen strahlen. "Ah, danke!", sagt Kim, zieht frisch erleuchtet an dem Hebel und verstellt ihn wunschgemäß. Im Weggehen sehe ich aus den Augenwinkeln, wie sie nach dem Einrasten wieder beginnt, gegen den Uhrzeigersinn zu drehen. Offensichtlich will sie den Yellow Pin nach ihrer höchst erfolgreichen Verstellung wieder festdrehen. Ich gebe auf. Man muss nicht den Anspruch haben, jedes Problem lösen zu wollen.

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