Samstag, 25. Oktober 2008

Forth

The Verve - Forth

Was für ein unglaubliches Jahr, 1997, vor 11 Jahren, als The Verve mit Urban Hymns ihr unfassbar geniales Meisterwerk heraus brachten, das mich damals aufwühlte, mein Synonym und später sogar die Vorlage für den Namen dieses Blogs bestimmte. Es ist ein warmes, vertrautes Gefühl, an seine Wurzeln zurückzukehren. Heute halte ich "Forth" in den Händen, das neue Album der wieder vereinigten Verve.

Flashback-Rückblenden mit geschlossenen Augen. Niemals wieder habe ich in so kurzer Zeit mehr gelernt über das Leben wie auf diesem wilden, unbeschreiblich pulsierenden Projekt in Frankfurt, mit 25 Kollegen/Innen aus 10 Nationen auf einem globalen, eng durchgeplanten Projekt mit Roll-out über 4 Kontinente.

Zum Beispiel lernte ich Vodkatrinken von Lars, dem Dänen, aufregendes Tanzen von den Französinnen Aude und Selena, etwas über Crossdressing von den Australiern Ivan und Gavin, wie man aus Nichts geniale Snacks macht von Jiri, Alena und Eniko aus Ungarn, und von Carmen, Liseta, Salva, Mayte und Eduardo spanische Flüche (Achtung!: "Hace un calor que te cagas”, “Me cago en la leche”, "De puta madre"), von Kari und Rachel, wie man nach einer durchtanzten und durchfeierten Nacht morgens beim Marriott-Checkin wirklich blendend aussehen kann, von Baiba, Dallas und Susan, dass amerikanische Hamburger exzellent schmecken können, wenn sie handgemacht sind, von John, Joseph und David, dass man Fosters Bier durchaus vor, nach oder parallel zu Caipirinha trinken kann.

Und Michaël, dem Belgier, verdanke ich The Verve. Irgendwann Ende 1997 gab er mir die CD und seine Augen glänzten. Und ich schrieb ihm in einer Mail zurück "I love this CD. I guess I won't give it back to you. Sorry.". Leider schaffte ich es nie, sie live zu sehen: das Torhout-Festival in Belgien, für das wir schon Karten hatten, wurde abgesagt und einige Zeit später trennten sich The Verve. Richard Ashcroft und Nick McCabe waren schon damals sowas wie die Unvereinbarkeit von Richard Burton und Elizabeth Taylor in der Musik.

Wow, und plötzlich sind sie wieder da. Schon die ersten Sounds bringen die Gefühle zurück - nicht dass sie besser wären als damals, aber genau so vertraut und gut, bei Sit and Wonder, Love is Noise und Judas, die melodische Stimme Ashcrofts zu den psychedelischen Gitarren-Riffs McCabes, die immer noch aus einer anderen Welt stammen. Fast 65 Minuten Verve Musik ist mehr als man erwarten durfte, obwohl Ashcroft schon immer etwas zur selbstverliebten, epischen Vertiefung neigte. Aber der beste Song kommt tatsächlich zum Schluss: Appalachian Springs.

I took a step to the left
I took a step to the right
And I saw myself and it wasn’t quite right
Yeah, a step to the dreams
Slippin’ out, slippin’ in and out of dreams.

Gute Worte, und ich weiß sofort für mich, was sie bedeuten, was sie mir ganz persönlich bedeuten...

Keine einfache Musik, nicht schnell zu konsumieren, aber es wird viel Zeit bleiben, sich langsam in sie zu verlieben. Wie es heißt, streiten sich Ashcroft und McCabe schon wieder wie die Kesselflicker. Mit der nächsten CD darf man also allerfrühestens in 11 Jahren rechnen. Sehr schade, aber ich werde warten...

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