Freitag, 29. November 2013

Broken

Selten kommt es vor, dass mich ein Musikvideo so berührt. Dass es mich wahrhaftig tief anrührt, sich eindringlich in Erinnerung ruft und merkwürdige Gedankenstränge befördert.

Es ist "Open Mic" Nacht in einer der unzähligen Double "E" Bars in Rednecks Farmland des Bluegrass und Country Songs im südlichen Amerika entlang des Purple Heart Trails. Die Open Mic Bühne ist offen für jedermann — jeder hat die Chance, an diesem Abend sein Publikum zu finden: du nimmst dir die Bühne und du spielst. Ein Country-Duo performt die letzten Akkorde und hofft vergeblich auf eine Reaktion der einsamen Menschen in dieser dunklen, schummrigen Bar mit der seltsamen Mischung aus am Leben Gescheiterten, Gebrochenen und Ablenkung Suchenden.

Ich lese so viele Geschichten aus den Bildern und Gesichtern. Traurige Geschichten von Menschen, die bereits gescheitert sind und jenen, die noch zerbrechen werden, wenn sie nicht den Mut aufbringen, ihr Leben zu verändern: die Frau ohne Hoffnung alleine am Tisch, der grauhaarige, zerrissene Alte an der Bar, die gedankenverlorene blonde Frau im Bling-Bling-TShirt, das streitende Paar, der telefonierende Mann und seine ängstlich-eifersüchtige Freundin, die Streitenden vor der Bar, das sehnsüchtige Bar-Mädchen, deren Blick sich am Ende mit Tränen füllt, die betrunkene Frau, die so sehr nach Nähe sucht. Jedes Ansehen offenbart weitere schmerzende Details trauriger Hoffnungslosigkeit und die furchtbare Gewissheit einer Vorahnung auf ein fehlendes Happy-End für jeden von ihnen.

Es ist, als friere die Zeit ein, als sähe ich auf die Menschen und ihr Leben als eine stringente Kette ihrer minütlichen, stündlichen, täglichen Entscheidungen, in der das Leben, dein Leben, die ein oder andere Wendung nimmt. Jeden Tag stehen wir an Gabelungen und nehmen diesen oder eben den anderen Weg. Man wünschte sich die Fähigkeit von Nicolas Cage in "Next", einen Weg zu gehen, die Ereignisse der Zukunft zu sehen und so alle Handlungsoptionen logisch und sicher durchzuspielen. Doch den richtigen Weg zu nehmen, ist eine Mischung aus Ratio und glücklichem Zufall. Ich bin nicht sicher, was den größeren Anteil hat.

Ich kenne Menschen, die entscheiden immer falsch. Manches Mal habe ich versucht, zu helfen, Urteilsfähigkeiten zu verbessern, kausale Abhängigkeiten zu erklären, den möglichen Erfolg von Entscheidungsoptionen zu quantifizieren, aber am Ende des Tages war all das meist vergeblich. Dann gibt es Menschen, die machen alles richtig, machen sich Mühe, entscheiden stets überlegt und klug, aber der Zufall vernichtet respektlos ihren guten Plan.

Der Zufall hat es gut mit mir gemeint. Wenn man lange im World Trade Center gearbeitet hat und nur wenige Monate vor dem Anschlag nach Deutschland zurückkehrt, darf man das annehmen. Viele, die ich dort kannte, sind tot und Staub. Es ist, als sähe ich ihre Gesichter in der düsteren Bar des Jake Bugg Clips. Ich mag die Menschen in dem Video und ich wünschte, ich könnte ihre Zukunft ändern. Der Zufall ist ein Kind, das spielt.
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